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Wachsflügelfrau
Emily Spyri, Tochter des Johann Ludwig und der Elise Spyri, geboren im Jahre1853, zieht im Alter von zwölf Jahren mit ihrer Familie von Altstetten nach Zürich. Es widerstrebt ihr schon immer sich in die Rolle der Hausfrau und Mutter einfügen zu müssen, wie es ihr Vater verlang und heiratet dann auch gegen dessen Willen den Pfarrverweser Walter Kempin, der ein wenig später die Pfarrei in der Enge übernimmt. 1884 schreibt sie sich in die Universität ein um Jurisprudenz zu studieren. Zu dieser Zeit ist Emily bereits Mutter dreier Kinder. Walter Kempin verliert ein Jahr später die Pfarrei, was die Familie dazu zwingt in Zürich eine Wohnung zu beziehen Als Emily ihren Mann in einem Fall vertreten will, wird sie vom Gericht zurückgewiesen und auch mit ihrer darauf folgenden Beschwerde hat sie keinen Erfolg. Da in den USA bereits zwei Frauen als Juristinnen bei Gericht zugelassen wurden, hofft Emily ihren Beruf dort ausüben zu können und besteigt 1888 einen Dampfer in Richtung New York. Auf der Fahrt lernt die Fanny Weber kennen, die sie darum bittet ihre juristischen Kenntnisse in ihre Hilfsorganisation für Mittellose die „Arbitration society“ einzubringen. Emily stimmt zu, wird aber nicht als Anwältin in New York zugelassen. Anfang 1889 darf sie an der juristischen Fakultät von New York studieren und gründet mit ein paar anderen Frauen die Emily Kempin's Law School for Women und ein Jahr später die Woman’s Legal Education Society, welche zur finanzierung der Women’s Law Class an der Universität dient. Walter Kempin und zwei ihrer Kinder kehren nach Zürich zurück, wo Walter sein angefangenes Jurastudium wieder aufnimmt. Als Robert, der Sohn, einer Haldrüsenkrankheit verfällt, kehrt Emily in die Schweiz zurück und entschliesst sich dann auch bei ihrer Familie zu bleiben. Auch hier wird sie nicht als Anwältin zugelassen, jedoch erhält sie an der Universität eine Stelle als Dozentin. Zusammen mit Walter betreibt sie ein Anwaltsbüro, wobei ihr Mann die Vertretung der Klienten übernimmt. Emilys Vater, der nach wie vor den Kontakt mit seiner Tochter ablehnt, erkrankt schwer, worauf Emily ihn besuchen will. Die Verwandtschaft aber lässt sie nur einen kurzen Blick auf den schlafenden Vater werfen. Ihre Ehe mit Walter geht in die Brüche und Emily lernt den jungen Mathieu Schwann kennen, welcher sich dann aber für Gertrud, Emilys älteste Tochter entscheidet. Kurz darauf unternimmt Emily mit Robert und Agnes, ihrer jüngsten Tochter, einen Ausflug nach Berlin, wo sie mit einer Frauenbewegung in Kontakt ist. Robert beginnt in Berlin eine Lehre und auch Emily entscheidet sich nicht mehr nach Zürich zurückzukehren. Gertrud heiratet Mathieu Schwann, sie ist schwanger, lädt aber nur ihren Vater zur Hochzeit in London ein. Kurz nachdem ein Gynäkologe Gebärmutterkrebs bei ihr diagnostiziert hat, bricht Emily zusammen und wird in eine Klinik eingeliefert. Aus den erwarteten drei Monaten in der Nervenheilanstalt werden schliesslich 15 und sie wird für unmündig erklärt. Im gleichen Jahr könnte sich Emily endlich als Rechtsanwältin in Zürich niederlassen, aufgrund eines neuen Gesetzes, aber dafür ist es jetzt zu spät. Nachdem sie aus der Nervenheilanstalt auszubrechen versucht, liefert man sie in die Irrenanstalt von Basel ein, wo sie verzweifelt versucht sich um verschiedenste Stellen zu bewerben. Diese Briefe verlassen die Anstalt jedoch nie, da die Leitung sie zurückhält. Am 12. April 1902 erliegt Emily Kempin ihrer Krankheit.
Das Buch die Wachsflügelfrau basiert auf der Sage des Dädalus, der seinem Sohn Ikarus Flügel aus Federn und Wachs fertigte um mit ihm aus dem Labyrinth des Minotaurus zu fliegen. Dädalus warnte Ikarus, er solle nicht zu hoch und auch nicht zu tief fliegen, doch dieser wagt sich zu hoch hinaus, seine Flügel schmelzen und er stürzt ab. Ich finde Eveline Hasler hat die Geschichte der Emily Kempin-Spyri sehr geschickt und passend mit dieser Sage verwoben. Immer wieder treten im Buch Stellen auf, wo sie Parallelen vom einen zum anderen zieht, was äusserst interessant und berührend ist. Sie zeigt das schwere Schicksal einer Frau auf, die nichts anderes wollte als ihren Traum zu verwirklichen und der von allen Seiten Steine in den Weg gelegt wurden. Ihre Worte und der Stil in dem sie schreibt unterstreichen dies noch zusätzlich. Die Geschichte wechselt immer zwischen verschiedenen Erzählern und Erzählweisen, mal aus der Sicht von Emily mal aus der von Walter oder einer anderen Person. Das macht die Geschichte abwechslungsreich und verschafft auch einblicke in die Umwelt der ersten Juristin Europas, sodass der Fokus nicht alleine auf sie als Person gerichtet ist. Die Sprache ist an sich leicht verständlich, abgesehen von einigen Fachausrücken, die aber nicht zu oft vorkommen. Die Sätze sind kurz und klar gehalten, was das Lesen zusätzlich vereinfacht und eine gewisse Spannung erzeugt. Ein wenig verwirrend kann der ständige Wechsel der Erzählperson und des Ortes sowie auch der Zeit wirken. So fängt das Buch zum Beispiel gegen Ende des Lebens von Emily an, dann folgen Erzählungen aus Emilys Kindheit und Jugend. So wechselt es sich immer ab und man verliert leicht den Faden, was manchmal ziemlich anstrengend sein kann.
Walter Kempin Walter Kempin ist ein Pfarrverweser, wird dann zum Pfarrer der Enge erhoben und heiratet darauf im Juni 1875 Emily Spyri. Er ist sozial engagiert und will etwas bewirken indem er Armen und Kranken zur Seite steht. Ausserdem vertritt seine Meinung mit aller Kraft und lässt sich nicht davon abbringen. Er ist der erste, der an seine Frau geglaubt hat und anstatt ihr Steine in den Weg zu legen, ihr geholfen und sie unterstützt hat. Sogar nach New York lässt er sich mittragen, obwohl er sich nur schwerlich an neue Situationen anpassen kann. Dort muss er überrascht feststellen wie hoch Emily ihn überflügelt hat. Er fühlt sich trotz seiner Liebe zu Emily verloren in der neuen Welt und leidet unter seiner untergeordneten Rolle obwohl er es anfangs nicht zeigt. Später wird dies jedoch immer deutlicher, worauf dann auch die Ehe zerbricht.
Eveline Hasler: Die Wachsflügelfrau Deutscher Taschenbuchverlag, München 2007 CHF 12.90 260 Seiten ISBN 978-3-423-12087-6
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